Die EulenCon (ausgerichtet vom Uhrwerk-Verlag und der Brettspielkiste Dinslaken in Wesel, also quasi am Rande sowohl des Ruhrgebiets als auch des Rheinlands) sollte im August eine Alternative für diejenigen Rollenspieler bieten, denen der Weg zur RatCon nach Limburg zu weit war oder die nicht nur Interesse an Ulisses-Produkten hatten.
Neben Uhrwerk hatten auch andere Verlage wie System Matters und die Redaktion Phantastik schon früh ihre Teilnahme zugesagt, um dem Neuling auf der Con-Szene zum Erfolg zu verhelfen.
Doch nicht einmal drei Monate vor der Veranstaltung schlug die grausame Wirklichkeit zu.
Der Uhrwerk-Verlag meldet Insolvenz an
Aus heiterem Himmel schlug am 4. Juni 2019 die Nachricht in der Szene ein, dass der Uhrwerk-Verlag einen Antrag auf Insolvenz einreichen musste (siehe hier). Die Eulen-Con (recht offensichtlich nach dem Maskottchen der Uhrwerker benannt) schien geplatzt, denn unter diesen Bedingungen war bestimmt kein Geld vorhanden, um eine solche Veranstaltung durchzuführen.
Doch hinter den Kulissen begann sofort eine hektische Betriebsamkeit. Aussteller und andere Szenemenschen begannen mit dem jetzt alleingelassenen Veranstalter Markus Pomorin zu diskutieren, wie man die Con retten könnte. Ideen wurden hin und her geworfen, viele Leute boten ihre Hilfe an, Verlage und andere Aussteller sagten schon vorab für Stände auf einer eventuellen neuen Con zu, und auf der NordCon gab es endlich Gewissheit: es würde weiter gehen, wenn auch unter neuem Namen.
Die Niederrhein-Con war geboren und würde wie geplant vom 16. bis 18. August stattfinden.
Location und Aussteller
Die Niederrhein-Con fand in der Niederrhein-Halle in Wesel, einer zwar in die Jahre gekommenen, aber immer noch präsentablen Mehrzweckhalle. Die vorhandenen Plakate vor Ort zeigten denn auch, wer sich hier von Bands wie Brings über Künstler wie Torsten Sträter bis hin zu den Besuchern des Weseler Oktoberfests in nächster Zeit tummeln würde.
Einige alte Säcke … äh… Recken kennen das Gebäude vielleicht noch als Veranstaltungsort der seligen DUZI (der „Duisburger Zinnfigurenbörse“), die trotz ihres Namens viele Jahre lang nicht in Duisburg, sondern hier stattfand.
Angenehm fiel für mich schon mal der große, kostenlose Parkplatz auf, der meine Reisekutsche in bequemer Laufentfernung von der Halle aufnahm. Einlass war Freitag ab 18:00 Uhr, 48 Stunden später endete die Veranstaltung. Wer wollte, konnte in den beiden Nächten der Convention auf dem Gelände zelten (was angesichts des Dauerregens sicher nicht angenehm war), eine Übernachtung in der Halle war jedoch nicht möglich.
In der großen Haupthalle, die man durch den Haupteingang betrat, befanden sich die meisten Stände. Neben Läden, Zeichnern und anderen Künstlern und Handwerkern waren dies vor allem kleinere und mittelgroße Verlage der Szene, und ich möchte mich schon jetzt entschuldigen, weil ich bestimmt jemanden vergessen habe:
- 100 Questen Gesellschaft e. V. (Mythras)
- Aborea
- System Matters (Dungeon World, Beyond the wall und vieles mehr)
- Mannifest Games (No Return, demnächst FUK)
- New Hongkong Story
- Prometheus Games (Symbaorum, Ratten, Nova)
- Redaktion Phantastik (Private Eye, Seelenfänger, Finsterland)
- Truant-Spiele (Witcher, Trudvang Chronicles usw.)
- Heinrich-Tüffers-Verlag (Ultima Ratio)
Angenehm für Besucher wie Aussteller war, dass praktisch neben jedem Stand ein eigener Spieltisch vorhanden war. Wer darüber hinaus eine Runde anbieten wollte, konnte auf einige freie Spieltische in der Halle, vor allem aber auf die Empore ausweichen, die rund um den Saal lief. Dazu kamen noch verschiedene größere und kleinere Nebenräume, die für Workshops, Turniere usw. genutzt wurden. Einige Besucher beschwerten sich später über die Lautstärke in der Halle, aber es war eigentlich nicht lauter, als man es von anderen Conventions in einer solchen Umgebung (wie die FeenCon in der Stadthalle Bonn-Bad-Godesberg) gewohnt ist.
Das Orga-Team funktionierte schnell, effizient und freundlich, und wenn es wirklich mal ein Problem gab, wurde dies meistens schnell gelöst (ein Spieler im Rollstuhl wurde dann auch mal auf die Empore getragen). Im Allgemeinen lief alles sehr rund, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Orga gerade mal zwei Monate Zeit gehabt hatte, um alles vorzubereiten.
Das Catering der Halle versorgte die Anwesenden mit einfachen, aber schmackhaften Speisen und einem angemessenen Imbiss-Angebot zu erschwinglichen Preisen und wurde durch die Bank gelobt. Nur bei den Getränken musste man – wie üblich bei solchen Veranstaltungen – etwas tiefer in die Tasche greifen oder sich privat versorgen (es fanden keine Taschenkontrollen oder ähnliches statt).
Wer übrigens eine der 70 Con-Tassen ergattern konnte, die am Samstag gegen Mittag ausverkauft waren, hatte für 15 Euro nicht nur ein Erinnerungsstück in der Hand, sondern auch Zugriff auf eine Kaffee- und Tee-Flatrate für alle Tage der Veranstaltung.
Was gab es zu tun?
Natürlich bot jeder der anwesenden Verlage Proberunden seiner eigenen Spiele an, somit wurden alle oben aufgeführten Systeme auch bespielt. New Hongkong Story lief ganze viermal, und Seelenfänger wurde wegen der großen Nachfrage noch einmal ganz spontan gezockt (vielen Dank an Oliver Kersting für die Runde auf Zuruf).
Für besonderes Aufsehen (oder eher Aufhorchen) sorgte der Gong von System Matters, der jedes Mal ertönte, wenn bei einer Runde Dungeon Crawl Classic einer der Charaktere dem Spielsystem erlag.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag lief eine zwölfstündige Mini-Kampagne Star Trek Adventures (sicherlich die längste Spielrunde der Convention), man konnte Brettspiele ausleihen und Tabletops ausprobieren, und es fanden sich neben den Verlagsrunden auch noch Spieler für HeXXen 1733, FATE und einiges mehr.
Vor allem aber konnte man sich schön gemütlich mit den anwesenden Verlagsleuten unterhalten, Neuigkeiten erfahren, neue Projekte planen oder einfach ein bisschen kuscheln (siehe oben). Es herrschte eine gemütliche, wenig hektische Atmosphäre vor, welche die ganze Veranstaltung einfach zu einem angenehmen Ort machte. Und wenn man die anwesenden Verlagsleute kannte, konnte es einem (so wie mir) auch mal passieren, dass man zwischendurch kurz Standdienst schob, wenn gerade Not am Mann war.
Die Folgen
Am Samstagnachmittag war klar: das Risiko hatte sich gelohnt!
Markus Pomorin konnte mit Freude berichten, dass die Convention ihre Kosten wieder eingespielt hatte, und schon am Sonntag wurde der Termin für die Niederrhein-Con 2020 präsentiert, nämlich der 21. bis 23. August 2020 (siehe auch hier). Diese soll noch mehr Vielfalt bieten und für alle Rollenspieler, Tabletopper und Gesellschaftsspieler etwas zu bieten haben.
Insgesamt hatten im ersten Jahr 431 Besucher den Weg nach Wesel angetreten, dazu kamen noch 126 Mitarbeiter der Orga und der verschiedenen Aussteller. Damit war die Veranstaltung natürlich nicht gerade überfüllt, doch die allgemeine Stimmung unter den Veranstaltern und Ausstellern lässt darauf hoffen, dass man mit etwas mehr Werbung im Vorfeld und vor allem mehr Vorbereitungszeit mehr Gäste anlocken kann.
Die Location kann auf jeden Fall auch größere Besucherzahlen verkraften, und es gibt auch mehr als genug interessierte Aussteller, um eine interessante Convention auszurichten.
Von daher, wir sehen uns 2020 wieder, Wesel!
Das Innenfoto der Halle und das Foto von mir wurden zur Verfügung gestellt von Aşkın Hayat Doğan, nachdem meine eigene Kamera versagt hat.